Das »Letzte Lexikon« differenziert, wie zitiert, zwischen dem, »was vor dem Verschwinden gerettet zu werden verdient«, und dem was solche Rettung nicht verdiene, und war erklärtermaßen »nicht fixen Wahrheiten, sondern deren Zeitkernen auf der Spur« (s.o.). Hinsichtlich seiner Inhalte wie auch seiner Darstellungsverfahren gibt es sich betont anachronistisch: In vielen wird der Stil älterer Konversationslexika aufgegriffen. Dadurch wie auch durch die Mitteilung obsolet gewordener inhaltlicher Informationen verweigert sich das »Letzte Lexikon« konventionellen Funktionen von Lexika, die aktuelles und zeitgemäßes Wissen bieten möchten. Gleichwohl wird es seinen Gegenständen, so wie es sie versteht, dadurch gerecht, daß es durch seinen eigenen historisierenden Stil die Historizität des Wissens und seiner Gegenstände spiegelt. Wissen, so wird suggeriert, ist stets partikulär und zeitgebunden. In den Wissenshorizont der verschiedenen Jahrzehnte und Jahrhunderte treten neue Dinge ein – und manche fallen wieder heraus. Unter diesen sind dann solche, die ein Erinnertwerden verdienen – und solche, die man gut und gern vergessen kann. Lexika, die dem Erinnern an solche Gegenstände dienen wollen, die im Begriff sind, aus dem kollektiven Wissen zu verschwinden, machen ein besonderes Genre aus, insofern sie nicht der Darstellung aktuellen Welt-Wissens (und damit der Gegenwartswelt) dienen, sondern eine Welt samt ihrem zeitgenössischen Wissen bespiegeln, die es in dieser Form schon nicht mehr gibt. Die Ursachen dafür, daß es das in den entsprechenden Artikeln Dargestellte nicht mehr gibt, können unterschiedlich sein.