J.
Jenseits der Lesbarkeit: Luigi Serafini: »Codex Seraphinianus« (1981)
Wissensgebiete

I. »Natur«-Wissenschaften: Botanik: Pflanzentypen, Gartenbau, Nutzpflanzen, Landschaften und Landschaftsgestaltung. – Zoologie: Diverse Familien von Lebewesen (sortiert nach Gattungen und Arten); auf einen Abschnitt über »Mikroorganismen« folgen Abschnitte über »echsenartige« Wesen, »Fische«, »Schlangen«, »Vögel«, »Säugetiere« und zuletzt über eine Species heterogener, teilweise anthropomorpher Wesen, die in Städten wohnen, Kleider tragen, spielen und soziale Rituale praktizieren. Berücksichtigt werden neben dem Körperbau auch Reproduktion, Biotope, Lebensweisen, Habitats. Die phantastischen Lebewesen sind vielfach Hybride aus heterogenen Bestandteilen, oft Kreuzungen aus biologischen (pflanzenartigen oder theriomorphen) Formen und technischen Geräteteilen. – Biologie: Mikrostruktur von Organismen; die Illustrationen erinnern u.a. an Darstellungen aus der Genetik und der Zellkunde. – Chemie: Die Illustrationen erinnern an Darstellungen aus Chemiebüchern.

II. Technik: phantastische Maschinen und Gerätschaften, deren Funktionsweise und Anwendung. Es handelt sich um Maschinen, die sich bewegen und anderes in Bewegung bringen; wiederum verbinden sich vielfach biologische und technische Bestandteile. Fortbewegungsvehikel (Fahrzeuge) sind besonders gut vertreten.

III. Wissen vom »Menschen«: Unter Verwendung anthropomorpher Formen, die allerdings auf verschiedene Weisen verfremdet werden, werden diejenigen Bewohner des imaginären Universums porträtiert, denen in der Wirklichkeit am ehesten die Menschen korrespondieren. Das dargestellte Wissen bezieht sich auf Anatomie, Fortpflanzung und Fortbewegung, Sinnesorgane, Bekleidung, Tätowierungen, Haartrachten, verschiedene Stämme und ihre Habitationsformen. – Kulturellen Praktike und soziale Umgangsformen: Die vorgestellten Tätigkeiten sind divergent: Maskierung, Jagd, Kriegsführung, Schreiben, Mord durch Schreibwerkzeuge, Architektur, Spiele, Chirurgie. – Rassen: In Anlehnung an konventionelle Schaubilder zu differenten Menschenrassen werden Köpfe verschiedener Erscheinungstypen der »Anthropoiden« dargestellt; das Ordnungssystem ist rätselhaft; es umfaßt auch einen Gipskopf, einen tuchverhängten Kopf, einen unsichtbaren Kopf sowie zwei Leerstellen. – Archäologie/Siedlungsformen/Kulte, unter Focussierung auf einen (vielleicht archäologisch rekonstruierten) Ort. Dargestellt sind Orte, an denen die Bewohner rätselhaften Tätigkeiten nachgehen, vielleicht zur Freizeitgestaltung, vielleicht zu kultischen Zwecken. Die Illustrationen zeigen Spiele, Spektakel, Formen des Zeitvertreibs.

IV. Semiotik/Linguistik/Graphologie: Eingeleitet durch die Darstellung einer Tafel mit zwei verschiedenen Schriftsystemen (darunter das serafinische), gilt ein Teil der Semiotik, der Schrift und Sprache. Auf einen Katalog von Elementarformen folgen Darstellungen von (teilweise dreidimensional wirkender) Schrift, die zu jenen Objekten offenbar in einem (Bedingungs?)Verhältnis steht (als Bilderschrift?); die Abbildungen beziehen sich auf Schreib- und Artikulationsprozesse.

V. Kulturelles Inventar. Ernährung: Nahrungsmittel und ihre Zubereitung, Gastronomisches, Fischfang und andere Formen des Nahrungserwerbs. – Katalogartige Bestandsaufnahme von Objekten, Gerätschaften, Bekleidungsstücken, jeweils gruppenweise angeordnet. – Optik: Sehhilfen, optische Geräte.

VI. Spiele: Kartenspiele (ausführlich), Brettspiele, gymnastisch-akrobatische Spiele, öffentliche Spektakel.

VII. Architektur: Brückenbau (ausführlich), Städtebau, architektonische Gestaltung von Insen, Turmbau, Labyrinthe.