Das lexikographisch aufgemachte Buch handelt im Stil eines medizinischen Fachbuchs von imaginären Krankheiten. Es nimmt dabei auf Phantasmen verschiedener Art Bezug, insbesondere auch auf Krankheiten, die in literarischen Texten beschrieben werden. Insofern ist es ein Parallelprojekt zu »Erfundene Kunst« von Koen Brams (als einer Darstellung von Malern und Malstilen, die in literarischen Texten beschrieben werden) und zu »Mirabiblia« (einem Kompendium imaginärer Bücher).
Die in alphabetischer Folge vorgestellten »Diseases« werden nicht nur beschrieben, sondern auch klassifiziert.
In einem (Pseudo-)Paratext, dem »Medical Guide Key« (Vandermeer/Roberts 2003, 2) erfolgt eine Erläuterung der in den Artikeln zu findenden Logos:
Ein erstes Logo, einem Verbotsschild ähnlich, bedeutet: »Discredited«: Es signalisiert, daß eine Krankheit als ›unglaubwürdig‹ gilt (und »unglaubwürdig« bedeutet: erfunden, phantasmatisch). Angeblich werden unter diesem Zeichen (und im ganzen Buch, das ja ›discredited diseases‹ gilt) solche Krankheiten vorgestellt, die von manchen Ärzten als fiktiv abklassifiziert worden sind. Im Fall einer völligen Entlarvung einer solchen Krankheit als fiktiv werde sie völlig aus dem Handbuch gestrichen. Aber Zweifelsfälle und zeitlich knappe Entscheidungsfälle verbleiben im Handbuch.
Ein weiteres Logo bedeutet: »Infectious«. Gemeint ist eine ›Infektion‹ mit der fraglichen Krankheit durch die Phantasie. Wenn man sich als Leser durch die bloße Schilderung der Krankheit mit dieser anstecken kann, dann gilt sie als ›infektiös‹. Implizit verweist das entsprechende Logo also auf ›eingebildete Kranke‹, auf Krankheitszustände, die der Phantasie der Kranken entspringen – auf Hypochondrie als eine Spielform der Imagination.
Und ein drittes Logo bedeutet: »Quarantined«. Es verweist auf Krankheiten, die denjenigen angesteckt haben, der sie beschrieben hat.
Die Artikel nehmen Bezug auf mythische, legendäre, kollektiv-phantastische und literarische Berichte über Krankheiten, wobei psychische, physische und psychosomatische Erkrankungen berücksichtigt werden.
Dargestellt werden in der alphabetischen Artikelfolge u.a. folgende Krankheiten: »Ballistic organ Syndrome« (eine angeblich schon aus prähistorischer Zeit belegte Krankheit, bei der innere Organe von Menschen oder Tieren aus deren Körpern austreten) / »Bloodflower’s melancholia« (die angeblich nur einmal belegte Krankheit eines jungen Mannes, der auf alles melancholisch reagierte und sich allein von Papier, Tinte und Büchern ernährte) / »Bone leprosy« (anders als in Fällen normaler Lepra, bei denen das Fleisch von den Knochen der Extremitäten abfällt, fallen hier die Knochen vom Fleisch und dieses bleibt knochenlos zurück.) / »Buboparazygosia« (Fiebrige, mit Delirien einhergehende Krankheit, bei der der Körper schnell verfällt, während auf ihm große Wucherungen entstehen.) / »Bufonidic Cephalidis« (bei dieser Krankheit tritt grüner Rauch oder Qualm aus dem Gehirn und eine grüne Flüssigkeit aus dem Nacken) / »Buscard’s Murrain« / »Catamenia Hysterica« / »Ceolmhar Bus« / »Chronic Zygotiodermis disorder« / »Chrono-unific Deficiency Syndrome« / »Clear ruce sickness« / »Denegare spasticus« / »Delusions of universal grandeur« / »Di Forza Virus Syndrome« / »Diseasemaker’s Croup« / »Download Syndrome« / »Ebercitas« / »Emordny’s [in Spiegelschrift!] Syndrome« – oder auch »Empahetic Fallacy Syndrome« (eine Krankheit, die mit Erstarrung einhergeht und von der manche Quellen meinen, sie sei schon durch Berichte über »Olympia Coppelius, Nacrissus, and Lot’s Wife« beschrieben worden) / »Espectare necrosis« / »Extreme exostosis« / »Female hyper-Orgasmic Epilepsy« / »Ferrobacterial Accretion Syndrome« / »Figurative Synesthesia« / »Flora Metamorphosis syndrome« etc. etc., bis zum Ende des Alphabets.
Auf Jorge Luis Borges’ Figur des Pierre Menard, der den »Don Quijote« noch einmal schreibt, bezieht sich der Artikel über die Menard-Krankheit: »Menard’s Disease. Biblioartifexism« (Vandermeer/Roberts 2003, 113-115).