L.
Listen
Die Liste ist ein Modell bzw. Konzept, das Umberto Eco zum Thema einer rezenten Veröffentlichung gemacht hat. Sie kann als Vorform der Enzyklopädie gelten.

Umberto Eco: »Die unendliche Liste«, München 2009 (Orig.: »Vertigine della lista«, Mailand 2009)


 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 |

Listen entstehen an der Schwelle zwischen Ordnungslosigkeit und Ordnung, an der Grenze zwischen Unstrukturiertem und Strukturiertem: Sie bilden selbst diese Schwelle oder Grenze. Eine Liste ist immer mehr als ein bloßes Chaos; sie ist ja als Darstellung (als Liste) etwas Geformtes – und in ihr konkretisiert sich damit eine erste formgebende, ordnende Verfahrensweise. Man kann das Heterogenste auflisten; die Liste ist ›gleichgültig‹ gegenüber der Frage, was die aufgelisteten Dinge verbindet.
Oft besteht auch bei Listen mit ganz heterogenen Dingen ein (zunächst verborgener) Zusammenhang. Eco zählt einmal eine Reihe ganz unterschiedlicher Dinge auf, um dann zu sagen, man könne sich vorstellen, das sei ein Inventar von Dingen, die sich alle in einem bestimmten Keller gefunden haben.
Jede und sei es noch so simple kategoriale Ordnung ist ein Schritt über die bloße Liste (Aufzählung) hinaus. Insofern ist die Liste das Gegenstück zur systematischen Enzyklopädie.
Listen müssen selbst auch keiner Ordnung (etwa nach der Chronologie ihrer Gegenstände, nach der Länge der Artikel oder Namen oder auch nach dem Alphabet) besitzen.

  • Die Eigenart der Liste als ›rudimentärste‹ (noch vor-alphabetische) Anordnung wird gerade dort besonders deutlich, wo auf eine alphabetische Strukturierung verzeichtet wird. Das macht sich Borges teilweise zunutze, indem er einfache und konfus wirkende Aufzählungen schreibt oder Textauszüge aneinanderreiht, die keiner weiteren Ordnung als der bloßen Sequenz unterliegen.