Eine zunächst akzeptable Definition leitet den Artikel Instinkt ein.
Weder das Signifikat des Begriffs Instinkt (also die Naturtriebe, ihre Funktionen und Erscheinungsformen), noch die Verwendung dieses Begriffs durch die Sprachbenutzer wird zum Anlaß der Satire genommen. Sämtliche sich anschließenden Reflexionen über den Instinkt sind durchaus ernstgemeint; er unterscheidet zwei Grundinstinkte, nämlich den Trieb zur Selbsterhaltung und den Fortpflanzungs- oder Geschlechtstrieb und charakterisiert sie als Bindeglieder zwischen Tier- und Menschenwelt. (Instinkte selbst könnten übrigens aus Lichtenbergs Sicht auch gar nicht zum Objekt der Satire werden, denn als Natur-Triebe gehören sie ja gar nicht der kulturellen und sozialen Welt an, in welcher allein es moralische Maßstäbe und Verstöße gegen die Moral gibt.) Wer sich nach seinen Instinkten richtet, handelt zwar nicht notwendig »gut« im Sinne gesellschaftlicher Wertmaßstäbe, aber auch nicht notwendig schlecht. Und wirklich böse kann nur der sein, der die Natur mißachtet.
Satirisch wird Lichtenberg konsequenterweise erst in dem Moment, da er den Niedergang der arterhaltenden und gesunden Instinkte im Laufe der Menschheitsgeschichte erörtert, also die Folgen einer Überlagerung von Natur durch die Kultur. Diese Folgen bestehen für ihn, kurz gesagt, darin, daß die positiven Effekte des Selbsterhaltungs- wie des Fortpflanzungstriebs sich in neuerer Zeit nicht mehr im gleichen Maße ergeben, wie in instinktnäheren Zeiten. Zwar gibt es noch einen Selbsterhaltungstrieb, aber die Menschen leben nicht mehr so lange und nicht mehr so gesund und kräftig wie ihre Vorfahren; zwar gibt es noch einen Fortpflanzungstrieb (auch geschmückte »Dämchen« sind »Tierchen«, L III 505), aber die Zeugungskraft der Neueren hat nachgelassen und bedarf der Beihilfe durch mancherlei Künste. Die Direktheit, mit der das Thema Geschlechtstrieb und Zeugungsvermögen hier zur Sprache kommt, mag einer der Gründe dafür sein, daß dieser Text wohl unveröffentlicht blieb.