W.
Wirkliche und Mögliche Welten
Zwischen Illudierung und Spaß

Beispiele para- oder pseudowissenschaftlicher Lexikographik changieren spielerisch zwischen der ihren Bezugstext fortsetzenden Ausstattung einer imaginären Welt und deren Parodie. Ein Beispiel: die Harry-Potter-Welt. Von der Verfasserin der Harry-Potter-Bücher, J.K. Rowling, stammt ein Bändchen über »Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind«, das auf die Welt um Harry Potter und ihre Bewohner Bezug nimmt und durch seine Aufmachung sowie durch die fiktiven Angaben zum Verfasser und andere paratextuelle Elemente suggeriert, es stamme selbst aus dieser Welt. Scheinbar hat es der Leser nämlich mit einem Schulbuch zu tun, das Harry Potter selbst gehört und das von mehreren Schülern der Zauberschule Hogwards benutzt und vollgekritzelt worden ist. Gegenstand des Schulbuchs ist eine naturkundliche Übersicht über die verschiedenen Arten fabelhafter Wesen, die in der Harry-Potter-Welt existieren.

»Flubberwurm. ZM-Klassifizierung: X. Der Flubberwurm lebt in feuchten Gräben. Dieser dicke, braune Wurm, der bis zu einem Viertelmeter lang wird, bewegt sich sehr wenig. Das eine Ende ist vom anderen nicht zu unterscheiden, aus beiden dringt der Schleim, dem der Flubberwurm seinen Namen verdankt und der gelegentlich zur Verdickung von Zaubertränken verwendet wird. Der Flubberwurm ernährt sich bevorzugt von Salat, frisst jedoch fast jedes Grünzeug.« (Newt Scamander [=Janet K. Rowling]: Phantastische Tierwesen & wo sie zu finden sind. Dt. v. Klaus Fritz. Hamburg 2001, 22. Original: Fantastic Beasts and Where to Find Them. London 2001.)

Obwohl vom Umschlag bis hin zur Textdarbietung mit ihren »faksimilierten« Randkritzeleien alles daraufhin angelegt ist, die Suggestion zu unterstützen, das Büchlein stamme aus Hogwards und sei als ein biologisches Bestimmungsbuch nutzbar, fällt das Vorwort, das doch der fiktiven Gestalt des Albus Dumbledore zugeschrieben wird, aus der Rolle, indem es die im Buch beschriebenen Wesen als erfunden charakterisiert (X).