Viele literarische Autoren verwenden darstellungstechnische
Verfahren aus den Wissenschaften und ihrer Didaktik – begonnen bei
alphabetischen und numerischen Ordnungsverfahren bis hin zum
Einsatz von an wissenschaftlichen Diskursen geschulten
Schreibstilen; viele Werke zitieren die Form wissenschaftlicher
Kompendien in einem breiten Spektrum zwischen Parodie und
Hyperfiktion. Vielfach auch wird ein erzählender Haupttext durch
kommentierende oder auslegende Komponenten ergänzt, welche
(spielerisch) die Suggestion wissenschaftlicher Darstellung
erzeugen. Paratextuelle Schreibweisen und Textformen wie Vor- und
Nachworte, Fußnoten, Appendices, Kommentare, Forschungsberichte,
Rezensionen etc. bilden oft Schwellen zwischen literarischen
Erfindungen und außerliterarischen Wissensdiskursen – schon bedingt
durch ihre konventionellen Funktionen in der Sphäre des Wissens und
seiner Vermittlung. Eine Anknüpfung an Sach- und Fachliteratur
suggeriert ferner auch die Verwendung von Bildmedien
verschiedenster Art wie Schemazeichnungen, Photos, Diagramme,
Faksimiles, Illustrationen aller Art, Tabellen, Listen, ferner
Landkarten und anderes kartographisches Material,
Architekturskizzen, Lagepläne, Routenverlaufspläne. Man könnte von
Darstellungsexperimenten sprechen. Sie gelten direkt oder
indirekt, explizit oder implizit der Frage nach den
historisch-kulturellen und medialen Bedingungen des Wissens selbst
(beispielsweise der Frage nach der Beziehung sprachlicher und
bildlicher Darstellungsformen zueinander, nach deren Bündnis oder
Spannungsverhältnis) sowie der Frage nach der Literatur als Pendant
und Reflexionsmedium wissenschaftlicher Diskurse.
Wenn literarische Lexika, Wörterbücher, Bestiarien, etc. sowie
fingierte Forschungsberichte, Chroniken, Rezensionen etc. durch
ihre spezifische Form an außerliterarische Darstellungsverfahren
anknüpfen, so dokumentiert sich darin aber nicht allein ein
fundamentales reflexives Interesse an Formen und Verfahren der
Wissensvermittlung, sondern oft (oder immer?) auch eines an den
Strategien zur Erzeugung möglicher Welten.