Die Funktionen literarischer Mimikry wissenschaftlicher bzw.
sachkundlicher Schreibweisen differieren: insbesondere die der
Illusionsverdichtung (a) und die der Satire / Parodie / Kritik (b), sei
es an einem Gegenstand oder einer Tatsache, sei es an
wissenschaftlichen Darstellungsweisen, sei es an der
Gelehrtenkultur oder an allgemeinen Lebensformen und
Ausdrucksweisen: (a) im ersteren Fall (Illusionsverdichtung) zielt
die literarisch-pseudowissenschaftliche Darstellungsform auf die
Aufhebung oder doch Verringerung von Distanz: Die Imagination des
Lesers soll stimuliert werden; er soll durch die fiktionale Welt
möglichst gründlich absorbiert werden. (b) Im zweiten Fall
(Satire/Parodie/Kritik) zielt der Text auf Erzeugung von
Distanz.
Die sachkundliche Darstellung fiktionaler Sachverhalte, Wesen,
Orte, Historien etc. kann konkret praxisbezogene Funktionen haben.
So kann sie etwa der Fundierung von Rollenspielen dienen oder im
Kontext von PC-Spielen stehen. Hier wird man in der Regel von einer
illusionsverdichtenden Funktion ausgehen können. Gespielt wird
aber auch, wo es um Satire / Parodie / Kritik geht: Spielobjekt sind
hier in erster Linie die Wörter, die Ausdrucksweisen und die an sie
geknüpften Vorstellungen. Im einen Fall geht es um MITSPIELEN, im
anderen Fall gilt es, MIT ETWAS zu SPIELEN. Spieltyp (a) und
Spieltyp (b) entsprechen zwei Grundformen oder ‑dimensionen des
Spiels, die – gegenläufig und zugleich komplementär – als
konstitutiv für Kunst als Spiel betrachtet werden könnten: Zum
einen (a) geht es um die Illudierung, die Fesselung des
Rezipienten, darum, ihn in den Bann des künstlerischen Werks oder
Prozesses zu schlagen, bzw., aus Rezipientenperspektive gesagt,
darum, sich auf Kunst möglichst intensiv einzulassen. Zum anderen
geht es mit Kunst aber stets auch um die Erzeugung kritischer
Distanz; Kunst hat ein reflexives Moment.