Was suggeriert die alphabetische Struktur? Vor allem dies: Die Ordnung der Dinge ist nicht naturgegeben, nicht sachgegründet, sondern sie wird hergestellt – sie ist künstlich. Damit wird Enzyklopädistik zu einer Kunst. Gerade die Arbitrarität der Anordnung des alphabetisierten Wissens wird als Chance begriffen, frei und selbstbestimmt mit diesem umzugehen. Vorreden zu alphabetisierten Wörterbüchern der Aufklärung heben dies hervor. Kilcher nennt Christian Heinrich Schmidt und sein »Verzeichniß der in deutscher Sprache verfaßten Real-Wörterbücher über Wissenschaften und Künste«, S. 1061, wo es heißt, solche Wörterbücher machten es möglich, »frey von allen Banden der Systeme, über einzelne Materien raisoniren zu können« (zit. bei Kilcher 2003, 225). Diese Option auf einen freien, kombinatorischen Umgang mit Wissenselementen aus den unterschiedlichsten Wissensbereichen wird im folgenden literarisch fruchtbar gemacht. Literatur verfügt über vorhandenes Wissen, breitet es aus, arrangiert es, spielt mit ihm. Der Buchtypus des alphabetischen Lexikons bereitet – so gesehen – den ›enzyklopädischen‹ Roman vor, und zwar nicht nur, weil das Lexikon dem Roman sein partikularisiertes Wissen als Sammlung von Bausteinen anbietet, sondern auch weil es vorahmt, wie man Wissensinhalte als Bausteine arrangieren kann.
Fr. Schlegel statuiert 1799: »Das wahre ORGANON d[er] Universalität, der Objektivität und Materialität ist Encykl[opädie] ‹als Lexikon […]› .« (KFSA 18, 254)