Q.
Quidditch, Flubberwürmer, Hobbits und Orks:
Über Enzyklopädien und Fantasyliteratur
Strategien der Ausstattung möglicher Welten:
Darstellungsmodi literarischer Fantasy

Beschreibungen von Orten, Objekten und Lebensformen, Formen der kulturwissenschaftlichen, historiographischen und naturkundlichen Abhandlung, Chroniken, Karten und andere topographische Darstellungen sowie andere in den Wissenschaften gebräuchliche Darstellungsformen können, wie erwähnt, in den Dienst der Ausstattung möglicher Welten genommen werden, um den Leser mit einer möglichst kohärenten Alternativwelt von hochgradiger Plausibilität (»Wirklichkeitsanmutung«) zu bedienen. Der Publikumserfolg von Werken der Fantasy-Literatur ist förmlich daran zu abzulesen, in welchem Maß diese von begleitenden Spielformen der Wissensvermittlung bestätigt oder sogar ausgebaut werden. Ob dabei Vermarktungsaspekte leitend sind, ist eine zweitrangige Frage. Die Gattung des Kompendiums imaginärer Orte, Welten, Wesen und Historien stellt eine wichtige Subgattung literarischer Fiktion dar. Teilweise haben die Autoren erfundener Geschichten die Schauplätze ihrer Imagination selbst durch entsprechende Darstellungsformen mit einer Zoologie, einer Geographie, einer Geschichte ausgestattet. J.R.R. Tolkien, der dafür das prominenteste Beispiel ist, hat zudem eine Linguistik seiner Phantasiereiche entworfen: Wörterbücher, Grammatiken und Wortbildungslehren der Tolkienschen Reiche gleichen formal denen wirklicher Sprachen. Und kann zwischen wirklichen und erfundenen Sprachen überhaupt unterschieden werden, da Tolkien sich die Sprachen seiner Geschöpfe (samt Schriftsystemen) doch wirklich ausgedacht hat und man sie aus Sprachlehrbüchern lernen kann? Unterscheidet es sie von ›wirklichen‹ Sprachen, daß sie erfunden wurden? Aber was ist mit dem Esperanto? Macht es etwas aus, daß außer einigen Tolkienianern niemand sie spricht? Aber wie steht es um den Bekanntheitsgrad ausgestorbener Sprachen?