Tlön ist zum einen eine Welt, die von Wissenschaftlern auf der Basis der ihnen vertrauten Beschreibungssprachen und Konzepte kreiert wurde; zum anderen ist diese Welt aber auch als exemplarisch literarisches Projekt charakterisierbar: Sie ist der Einbildungskraft von Schriftstellern entsprungen und nahm zunächst – bevor die Sekundärgegenstände konkret auftauchten – schriftliche Gestalt an. Auf ostentative Weise wird durch das Projekt Tlön die für das abendländische Denken prägende Leitdifferenz von Fiktion und Nichtfiktion unterlaufen. Als ein Werk literarischer Fiktion, das mit der Suggestion verbunden ist, suggeriert die Erzählung, es gebe gar keinen Unterschied zwischen Fiktion und Nichtfiktion, die Wissenschaften selbst seien wie die Literatur Beschreibungen imaginärer Gegenstände. Damit antizipiert der Borgesianische Erzähler dekonstruktivistische Ansätze. Betont wird die Analogie zwischen wissenschaftlichen und literarischen Projekten, die Analogie zwischen den möglichen Welten literarischer Phantasie und der sogenannten Realität der natürlichen Dinge.