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Verrätseltes, Verfremdetes, Verborgenes, Verzerrtes, Verfremdetes: Ror Wolfs poetische Ratgeberbücher
Aufgaben und Verfahrensfragen

Dabei geht es sowohl um Motive, Bedingungen und Grenzen der Erfassung und Darbietung von Gegenständen als auch um Fragen der Struktur, des Aufbaus, der Reihenfolge. Einen indirekten Rückschluß auf die Bedeutung, welche die alphabetische Ordnung für Tranchirer besitzt, läßt der Artikel »Schluß« aus den »Mitteilungen« zu, der zwar vom »Schluß« spricht, aber – der alphabetischen Folge gemäß – eben nicht am Schluß steht, sondern unter dem Buchstaben S.

»Schluß. Es ist mir klar, daß der Schluß an den Schluß gehört, an das eigentliche Ende. Ich habe mich aber entschlossen, den Schluß jetzt schon zu bringen, zumal es eine Reihe von Lesern gibt, die gern beizeiten wissen wollen, wie die Sache ausgeht. Und bevor es überhaupt keinen Schluß gibt, soll es wenigstens hier, unter dem angemessenen Buchstaben, etwas geben, das sich mit Recht als Schluß bezeichnen läßt. – Man hat mir bisweilen die Schlußlosigkeit meiner Werke vorgehalten. Das wird man von nun ab nicht mehr wagen.« (Mitteilungen, 91)

Unter dem Stichwort »Dinge« verspricht Tranchirer in der »Welt- und Wirklichkeitslehre«, sich vor allem um solche Dinge zu kümmern, von denen andere nichts wissen oder verstehen (Welt- & Wirklichkeitslehre, 30f). Scheint es hier auch, als gelte sein lexikographisches Werk einer Rettung der verlorenen und vergessenen Dinge für das allgemeine Wissen, so gesteht der Ratgeber an anderen Stellen doch bereitwillig und nicht weniger selbstbewußt, daß er zu seinem gerade anstehenden Thema nichts sagen kann oder will. Immer wieder wird über das eigene Tun räsoniert. Dabei betont der Enzyklopädist vor allem, daß er stets sein Publikum im Auge habe. Nach dem 16 Seiten umfassenden Tafelteil des 1999er »Ratschlägers« erfährt der Leser zum Stichwort »Erzählen« Folgendes:

»Erzählen. Ein Erlebnis, eine Geschichte kann gut und schlecht, amüsant und langweilig erzählt werden. Die Kunst, etwas fesselnd zu erzählen, ist nicht jedermanns Sache, und wer derselben nicht mächtig ist, der unterlasse lieber das Erzählen. Lästig sind vor allem Erzählungen, welche sich zu sehr in die Länge ziehen. Man begreift endlich, daß das stundenlange stille Dasitzen nicht mehr dem Geschmack unserer Welt entspricht. Es gibt sogar Leute, die bei längerem Dasitzen in der Gesellschaft sich des Einschlafens nicht erwehren können, zumal wenn die Temperatur durch die Ofenhitze und infolge der Anwesenheit vieler Menschen sehr hoch ist. Also fasse man sich beim Erzählen so kurz wie möglich.« (Ratschläger 1999, 105)